Foto oben: Im Park der Villa Böhm

Liegt am Rundweg Neustadt – Haardt!

Die Villa Böhm von hinten

In einem Park mit alten hohen Bäumen zeigt sich eine repräsentative Villa. Diese ließ sich ein Bankier namens Adolf Dacqué erbauen. Der lebte in dieser Villa mit Ehefrau Juliane und den Töchtern Emmy und Elisabeth, auch für ihr Dienstpersonal war Platz. Damals zählte Neustadt zu Bayern, der Stadt ging es wirtschaftlich gesehen prächtig.
Der Hausherr aber starb bereits mit 40 Jahren. Seine Witwe indes zählte bei seinem Tod erst 26 Jahre. So war es kein Wunder, dass sie erneut heiratete. Das Paar aber wollte anderswo leben, es verkaufte die Villa an den Kaufmann Wilhelm Culmann jr. und dessen Ehefrau Hermine. Beide lebten an diesem Ort gut 10 Jahre lang, verkauften dann die Villa an Weingroßhändler Karl Hoch. Der indes starb noch im selben Jahr, kinderlos. Seine Witwe Lina überließ die Villa ihrer Nichte Maria; die war verheiratet mit Weinhändler Georg Böhm, zwei Kinder hatten sie. Die Familie lebte in dieser Villa während des 1. Weltkriegs (1914-18), Neustadt war in diesen Jahren Lazarettort. Nach dem Krieg (1918) war die Stadt von Frankreich besetzt, die wirtschaftliche Lage verschlechterte sich. 1930 zogen die französischen Truppen ab, der wirtschaftliche Niedergang setzte sich weiter fort, er erreichte 1932 den Höhepunkt. Damals erhofften viele sich von den Nationalsozialisten, die 1933 die Macht übernahmen, einen wirtschaftlichen Aufschwung. Diese neuen Machthaber machten Neustadt zur Gauhauptstadt (1933-38).
Das Jahr 1935 ging zur Neige, da verkaufte Lina Hoch das Anwesen an die Stadt. Gauleiter Josef Bürckel war in dieser Zeit der mächtigste Mann in der Pfalz. Auf dessen Betreiben war 1935 die „Deutsche Weinstraße“ ausgerufen worden, mit Neustadt als deren geographischen Mittelpunkt – weswegen 1936 die offizielle Umbenennung von Neustadt an der Haardt in Neustadt an der Weinstraße erfolgte. Diesem Mann überließ die Stadt die Villa und der richtete darin sein „Reichskommissariat“ ein. Viele Juden ließ er deportieren, und er selbst lebte in einer Villa, die ein jüdischer Architekt erbaut hatte. Der Architekt war 1907 gestorben, es lebte aber noch seine Witwe – Flora Levy. Sie konnte der Deportation nicht entgehen und kam in das Konzentrationslager Theresienstadt. Dort verstarb sie 1942 im Alter von 74 Jahren.
Als im März 1945 amerikanische Verbände in Neustadt einzogen, da endete der 2. Weltkrieg (1939-45). Alle Nationalsozialisten verloren ihre Macht, Josef Bürckel aber war schon tot. Zwei Monate später kam die französische Besatzungsmacht. Erst die Amerikaner, danach die französischen Dienststellen – alle bezogen diese Villa. Und als die Franzosen abzogen, folgten deutsche Behörden.
Heute befindet sich im Erdgeschoss das Stadtmuseum und in der oberen Etage sitzt der Kunstverein.
Die alten Bäume im Park – sie haben all das miterlebt und gesehen.

Villa Böhm (Villenstr. 16b; erbaut ab 1886):
mit Stadtmuseum (www.stadtmuseum-neustadt.de), Kunstverein, Park mit alten Bäumen
1889: Bau der Villa (Architekt Ludwig Levy aus Karlsruhe)
Villa Dacqué am Haardter Treppenweg (Klausenbergweg 2; erbaut 1877) : Villa von Bankier Dacqué, ehe er die Villa Böhm bezog
Erwähnte Namen mit Lebensdaten:
Adolf Dacqué (1854-94), Bankier
Ludwig Levy (1854-1907), Architekt
Karl Hoch (1857-1909), Weingroßhändler
Lina Hoch (1862-1944), Gattin von Karl Hoch
Wilhelm Culmann jr. (1863-1948), Kaufmann
Juliane Dacqué (1866-1952), Ehefrau von Adolf Dacqué
Georg Böhm (1879-1951), Weinhändler
Josef Bürckel (1895-1944), Gauleiter