Foto oben: In Kassel schrieben die Brüder Grimm ihre Märchen. Das Museum Grimmwelt ist ihnen gewidmet. In dessen Garten lädt ein famoser Holunderbusch dazu ein, das Märchen von Frau Holle zu erzählen

„Ringel, ringel, reihe, sind wir Kinder dreie,
sitzen unterm Hollerbusch, machen alle Husch, Husch, Husch!“

Sagen und Mythen ranken sich um den Holunder. Holunder tut Wunder heißt es in der Mythe vom Hollerbusch, der zu nichts nutze war, wie er selbst klagte, bevor Frau Holle ihn bei einer ihrer winterlichen Luftfahrten ganz besonders segnete….

 Das Märchen von „Frau Holle“

Der Holler, so sagen Bayern und Österreicher zum Holunder. Alle kennen Frau Holle aus dem Märchen der Brüder Grimm. Denke an die wilde, unberührte Natur. Einem alten Mythos nach meint Frau Holle die Große Göttin, das Symbol der weiblichen Kraft oder auch die Mutter Erde.

Im germanischen und keltischen Volksglauben zeigt der Holunder-Busch, der manchmal doch ausschaut wie ein Baum, die Grenze zwischen Mittel- und Unterwelt. Zwerge, Kobolde und andere gute Hausgeister haben durch den Holunder Zugang zum unterirdischen Lichtreich der Frau Holle. Die wiederum wacht dort über die Seelen der Toten und der ungeborenen Kinder. So kommt es, dass einst die Menschen glaubten, der Holunder würde ihnen Schutz bieten vor allem Bösen.

Holunder im Garten bei der Grimmwelt in Kassel

Wo kann Frau Holle anders wohnen als in einem Hollerbusch? Ein prachtvoller Holunder steht neben einem Brunnen auf der Wiese bei der Grimmwelt in Kassel. In diesem Museum, den Brüdern Grimm gewidmet, können Märchen erlebt werden. Was für ein fantastischer Ort, um das Märchen von Frau Holle zu erzählen. Und hinterher werfen alle einen Blick in den Brunnen. Aber bitte nicht hineinsteigen! Lässt Frau Holle es von hier aus schneien? Vielleicht sind gar die weißen Blüten, die Doldenrispen, ihre Schneeflocken?

In alter Zeit eine germanische Baumgöttin

Frau Holle war eine germanische Mutter- und Baumgöttin. Als solche beschützte sie Pflanzen, Tiere, Haus, Hof, Mensch und Vieh gegen dunkle Mächte, böse Geister, Feuer, Blitzschlag, schwarze Magie und Hexen. Sie herrschte auch über das Wetter und konnte mit ihrer Macht eine gute Ernte und somit Wohlstand bringen. Die Göttin sollte gar die Macht besitzen, über Geburt und Tod zu entscheiden. Daher wurde sie früher häufig mit Milchopfern oder Brot und Bier verwöhnt.

Und weil Frau Holle mit dem Holunderstrauch gleichgesetzt wurde, wurden dem Busch in alter Zeit viele nützliche Eigenschaften nachgesagt.
Man glaubte, ein Holunderbusch würde schwarze Magie und Hexen abwehren.
Man glaubte, er würde vor Feuer und Blitzeinschlag schützen.
Unter einem Holunderbusch sollte man vor Schlangenbissen und Mückenstichen sicher sein.
Man glaubte, ein Holunderbusch würde wohlgesinnte Hausgeister beherbergen, weshalb der Strauch in vielen Hausgärten stand und heute noch steht.
Man glaubte, dass man keinesfalls einen Holunderbusch aushacken oder fällen durfte – das würde dem Übeltäter und seiner Familie, ja dem ganzen Dorf, großes Unglück bringen! Nur Witwen und Kinder durften einen Holunderbusch fällen. Ja, eine alte Bauernweisheit besagt sogar: Willst du aus dem Leben scheiden, tue den Holunder schneiden und noch aus dem 18. Jahrhundert wird berichtet, dass Menschen den Busch um Verzeihung baten, wenn sie ihn beschneiden mussten.
Aus dem Holz des Holunders wurden die Riegel für Ställe geschnitzt.
Junge Frauen nutzen den Busch auch als Liebesorakel .
Und wer Holunderkuchen aß, würde am weitesten über das Sonnwendfeuer springen.
Man erzählte sich auch, der Holunder suche die Nähe des Menschen.
In der Tat wächst der Busch am liebsten im Schutze von Scheunen, nah bei den Häusern. Er wächst auch an Wiesen- und Waldrändern sowie entlang von Bahngeleisen.
Man glaubte, ein Holunderbusch, der verdorrt, zeigt den Tod eines Familienmitglieds an. Und wird ein Haus verlassen, an dem der Holler wächst, so verkümmert er .
So wird es auch heute noch mancherorts behauptet…

Holunderbusch heute: bekannt für wohltuende Genüsse

Der Holunder wächst anspruchslos bis zu elf Meter hoch, er benötigt dafür kaum Erde. Jedes Jahr blüht er prächtig und zeigt im Herbst seine schwarzen Fliederbeeren.

Seine Blüten, bis zu 30 cm große, flache Schirmrispen, erscheinen am jungen Holz ab Mai bis in den Juli. Jeder „Schirm“ besteht aus unendlich vielen Einzelblüten. Frisch und fruchtig ist ihr Duft. Mit seinen Blüten und Beeren bietet ein Holunderstrauch gleich zweimal im Jahr Genuss. Die Blüten lassen sich als Sirup, Tee oder als Hollerküchel (im Bierteig ausgebacken) verspeisen. Ein Sirup aus seinen Blüten gehört in einen Hugo (diesen Cocktail mit Pfefferminze und Prosecco).

Die schwarzen Früchte, Holunderbeeren, auch Fliederbeeren, zeigen sich im Frühherbst. Als Mus, Saft, Gelee oder Suppe bringen sie Abwechslung in die Naturküche. Sie sind aber richtig wohltuend bei Erkältungskrankheiten und bei Grippe.
In der Antike wurden die Beeren zum Schwarzfärben der Haare genutzt. auch Leder und Stoffe wurden mit Holunder gefärbt. Heute nutzt vor allem die Lebensmittelindustrie den Farbstoff.

Achtung: Die Beeren des Holunders nicht roh verzehren. Werden die Beeren roh gegessen, kann es zu Erbrechen und Durchfall kommen.

Und willst du wissen, was du mit Holunder genießen kannst, so schau hier.