Foto oben: Statt der Burg Winzingen heute = Das Haardter Schlössel

Eine alte Sage

Hoch über dem Tal des Eisbachs erhebt sich der Schlossberg mit der Burg Stauf. Es sollen auf dieser Burg einstmals drei Jungfrauen gelebt haben, rothaarig, schwarzhaarig und blond. Die Blonde galt als die Schönste von ihnen, doch gerade sie erblindete in ihrer Jugend. Die jungen Frauen waren klug. Es kamen viele junge Männer und wollten sie heiraten. Die Frauen nahmen zwar deren Gaben, aber ihre Bedingungen konnte niemand erfüllen. So wurden sie mit der Zeit sehr, sehr reich.

Es kam der Tag, da teilten die Frauen ihren Reichtum unter sich auf. Dabei bemerkte die Blinde sehr wohl, dass ihre Schwestern sie betrogen. Sie ließ sich jedoch nichts anmerken.

Ritter Berthold von Winzingen, noch Junggeselle, hörte von von den schönen Jungfrauen auf der Burg Stauf. Die Blonde, die schönste – die wollte er erobern. Er machte sich auf zu der Burg. Die beiden sehenden Schwestern nahmen ihn herzlich in Empfang. Doch als er nach der blonden Schwester fragte, da hetzten sie die Hunde auf ihn.
Ja, die beiden Schwestern hatten ihn aus der Burg gejagt, doch der Ritter gab nicht auf. Er legte sich nicht weit von der Burg auf die Lauer und wartete ab, was geschehen würde.
So sah er nach einigen Tagen, wie die sehenden Schwestern aus der Burg ritten. „Die Gelegenheit will ich nutzen“, sagte er sich. Und schon stand er am Burgtor, bestach den Burgknecht, der das Tor bewachte, und betrat die Burg. Endlich traf er nun die blonde Jungfrau. Sie war schön, sie bewegte sich anmutig. Freundlich sprach er zu ihr und sie war alsbald gewillt, ihm zu folgen. Da nahm er sie mit auf seine Burg Winzingen.
Die Schwestern vernahmen die Nachricht bei ihrer Rückkehr. Sofort fürchteten sie um ihren Reichtum. Hastig riefen sie nach ihrem Burgknecht; er solle den Schatz in der Nähe der Burg tief vergraben. Hernach nannte er den Schwestern den geheimen Ort. Die wollten daraufhin ihren Mitwisser loswerden, stachen ihm die Augen aus und warfen ihn in den Sumpf. Er ertrank auf der Stelle.

Wochen zogen ins Land, alles blieb ruhig. Niemand kam, um den Schatz zu rauben. Eines Tages führte es die Schwestern bei einer Entenjagd in den Sumpf, in welchen sie ihren Knecht gestoßen hatten. Und als sie dort waren, da zog sie auf einmal etwas in die Tiefe. Sie konnten weder sehen noch hören, wer oder was an ihnen zog. Sie zappelten wild und wollten sich befreien, was ihnen indes nicht gelang. Und kurz bevor sie ertranken, da hörten sie ein tiefes, unheimliches Lachen.

Als sie vom Tod ihrer Schwestern hörte – da trat die Blonde ihr Erbe an. Mit ihrem Ehemann, dem sie treu ergeben war, zog sie auf die Burg Stauf. An einem Abend, bei einem Spaziergang, schlenderte sie an der Burgmauer entlang, als sie mit einem Mal eine tiefe Stimme hörte: „Ich war es, der deine Schwestern getötet hat. Und ich bin es, der weiß, wo die Reichtümer vergraben liegen. Ich will sie dir geben, unter einer Bedingung. Verwende einen Teil des Reichtums dazu, ein Kloster zu bauen; dieses soll die Armen unterstützen. Das musst du mir versprechen.“
Das Mädchen – es hatte atemlos zugehört – versprach nun das Geforderte.
Da sagte die Stimme zu ihr: „Gut, dann komm morgen Nacht zur Buche im Tal am Rosenberg. Bring auch deinen Gatten mit!“.

Tatsächlich begab sich das Ehepaar in der folgenden Nacht zu der Buche im Tal am Rosenberg. Bei dem Baum trafen sie auf einen freundlichen Bergmann. Der führte sie zu den Schätzen und verabschiedete sich dann.

Die blonde Schwester hielt ihr Versprechen, es entstand das spätere Kloster Ramsen. Als das Gotteshaus geweiht wurde, erinnerte man sich an die beiden anderen Schwestern. Doch Ritter Berthold bestimmte, dass für sie keine Messe gelesen und kein Gebet gesprochen werden durfte. So haben die Schwestern in ihrem nassen Grab bis heute keine Ruhe gefunden. Zur Geisterstunde sollen sie noch immer mit wallenden Gewändern und ihren roten und schwarzen Haaren durch das Tal irren und wehmütige Lieder singen. Stets soll am Ende der Geisterstunde ein grünes Ungeheuer hervorkommen und sie zurück in die Tiefe des Sumpfes zerren. Es lacht dazu kalt und fürchterlich.