Foto oben: Haardter Schlössel am Pfälzerwald

Liegt am Rundweg Neustadt – Haardt!

Hier will man leben und schauen, nicht wahr?

In Haardt, oberhalb des Mandelrings, liegt malerisch hinter Reben das Haardter Schloss und über ihm am Berg der Wald. Neben dem Schlössel (so wird es wegen seiner Zierlichkeit genannt) liegt die Ruine der Burg Winzingen: Zeugnis weitaus älterer Zeiten. Die Aussicht ist grandios!
Bauen ließ sich dieses Schlössel einer der Gründer der BASF in Ludwigshafen: August Clemm.

August Clemm trat 1862 in die Anilinfabrik Dyckerhoff, Clemm & Co. in Mannheim ein und wurde schon im Jahr darauf (1863) Teilhaber der Fabrik, die nun Sonntag, Engelhorn & Clemm hieß. In diesem Jahr heiratete er auch, es kamen schnell hintereinander vier Kinder. Nach der Gründung der BASF und Verlegung nach Ludwigshafen gab Carl Clemm die Leitung an seinen Bruder August ab (1866). August Clemm, ab 1897 Vorsitzender des Aufsichtsrats der BASF, war darüber hinaus ebenfalls aktiv, auch politisch. Ludwigshafen ernannte ihn zum Ehrenbürger, und als Inhaber des Ritterkreuzes des bayerischen Kronenordens durfte er sich Ritter nennen. Der verschlossene, undurchsichtige, sehr schweigsame Mann leistete für die Firma enorm viel, besonders in der Organisation. Man nannte ihn „die Graue Eminenz der BASF“.
1898 zog August Clemm nach Haardt, wo er 1875 ein Schlossgut erworben hatte. Dort wohnte er bis zum Lebensende – und zeigte auch hier seinen unternehmerischen Geist. Da er in Haardt einen eigenen Weinberg besaß, wusste er von den Sorgen der Winzer und drängte diese, sich in einer Genossenschaft zusammenzuschließen. Er selbst brachte erhebliche Geldmittel in das Unterfangen ein und stellte als Bedingung, dass sein Gutsverwalter 1. Vorsitzender wurde. Die Genossenschaft wurde im Januar 1904 gegründet.
August Clemm starb 1910 in seinem Schlossgut.

Die Burg Winzingen stammt aus der Zeit des Ritters Berthold von Winzingen. Von ihm und seiner Liebsten erzählt eine alte Sage.
Nach dem Tod des Ritters Berthold gelangte die Burg 1155 offenbar an Konrad von Hohenstaufen, einem Halb-Bruder von Kaiser Friedrich I. Barbarossa .
Etwa 1220 oder 1230 wurde Neustadt- gegründet von einem Pfalzgrafen bei Rhein, entweder von Ludwig I. oder von dessen Sohn Otto II.
Ludwig IV., ein Enkel von Otto II., gab 1324 die recht zerfallene Burg seinem Kanzler Hermann von Lichtenberg.
Ein späterer Burgherr war Pfalzgraf Rudolf II. Das Pfalzgrafenamt übte der ab 1327 gemeinsam mit seinem Bruder Ruprecht I. aus. Ihr Bruder Adolf war schon gestorben, doch dessen unmündiger Sohn Ruprecht II.  war beteiligt. Ihr Vater Rudolf I.  und ihr Onkel Ludwig IV. hatten um den Besitz hart gekämpft. Dann war der Vater 1319 gestorben, die Brüder und auch die Mutter Mechthild hatten einen Vormund bekommen. Erst nach dem Tod der Mutter (1323), verhandelte Onkel Ludwig IV. mit seinen Neffen. Das Ergebnis war 1329 eine Landesteilung. Die Brüder erlangten die (Kur-)Pfalz, Onkel Ludwig IV. erhielt Oberbayern. Die Kurstimme sollte – das war schon 1255 vereinbart worden – abwechselnd von der Pfalz und Oberbayern geführt werden.
Die Brüder Rudolf II.  und Ruprecht I. teilten ihren Besitz untereinander auf (1338). Rudolf II. erhielt zunächst alle rechtsrheinischen Gebiete mit Ausnahme von Lindenfels, Ruprecht I. erhielt Neustadt mit Wachenheim und Oggersheim. Für Ruprecht II. blieben Lindenfels, Alzey, Stromberg und Bacharach. Doch tauschten Rudolf II. und Ruprecht I. ihre Teile. Durch diese Teilung wurde Neustadt eine herrschaftliche Residenz (bis 1353).
1525, im Bauernkrieg, gab es Zerstörungen der Burg Winzingen. Doch Pfalzgraf Johann Casimir brachte sie ab 1576 wieder in einen guten Zustand. Die Burg wurde indes im Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688-97) erneut zerstört.
Als die Pfalz später zu Bayern zählte, bot man 1843 dem Kronprinz Maximilian einige Burgen zum Wiederaufbau an, darunter die Burg Winzingen. Doch der wählte die Kästenburg in Hambach, das heutige Hambacher Schloss.
Wer heute die alte Burg Winzingen besucht, sieht ein kleines Stück tiefes Mittelalter und daneben ein prachtvolles „Märchenschloss“.
(frei erzählt nach: Thomas Baumann – 111 Orte in der Kurpfalz, die man gesehen haben muss. – Neuausg. 2015)

Haardter Schloss & Burg Winzingen: Mandelring 35
11. Jh.: Bau der Burg Winzingen
1696: Zerstörung der Burg (im Pfälz. Erbfolgekrieg)
1804: Burg gelangt in Privatbesitz; Kaufmann Schuster aus Neustadt gestaltet einen parkähnlichen Garten und baut den Palas zur Kelterhalle aus
1876-93: Bau des Haardter Schlosses
1892: Eingemeindung von Winzingen nach Neustadt
1928-71: Haardter Schloss dient als Kur- und Erholungsheim; danach als Hotel
1971: jetziger Eigentümer erwirbt das Anwesen
heutiger Eigentümer: Dr. Frank Sobirey vermietet das Schloss, wohnt im Wirtschaftsgebäude
2011: Gute Aussichten (Ausstellungsforum für Fotografie; Gründerin Josefine Raab; www.guteaussichten.org) mietet das Schloss; zum Wohnen und Arbeiten mitsamt einem kleinen Kunstsalon.
Das Gelände kann teilweise besichtigt werden, allerdings kann der Eigentümer bei Bedarf das Anwesen schließen.
Verwendete Namen und Lebensdaten:
Friedrich I. Barbarossa (um 1122-1190), Kaiser
Konrad von Hohenstaufen (um 1134-95), Halb-Bruder von Kaiser Friedrich I. Barbarossa
Ludwig I. (1174-1231), Pfalzgraf bei Rhein
Otto II. (1206-53), Pfalzgraf bei Rhein
Ludwig IV. (1281/82-1347), Pfalzgraf bei Rhein
Hermann von Lichtenberg (†1335), Kanzler von Ludwig IV. (Pfalzgraf)
Rudolf I. (1274-1319), Pfalzgraf bei Rhein
Adolf (1300-27), Bruder von Rudolf II. und Ruprecht I. 
Rudolf II. (1306-53), Pfalzgraf bei Rhein
Ruprecht I. (1309-90), Pfalzgraf bei Rhein 
Ruprecht II. (1325-98), Sohn von Adolf
Johann Casimir (1543-92), Pfalzgraf bei Rhein
Maximilian (1756-1825), Kronprinz von Bayern 
August Clemm (1837-1910), ein Gründer der BASF