Foto oben: Elwetritsche beim Brunnen von Gernot Rumpf in Neustadt

Liegt am Rundweg Neustadt – Haardt!

Eine aus dem Unterholz aufgescheuchte Elwetritsche

An dem Elwetritsche-Brunnen in Neustadt tummeln sich zehn bronzene Elwetritsche in allerlei Lebensstadien. Gernot Rumpf, der diesen Brunnen schuf, gab allerdings zu, noch nie eine Elwetritsche gesehen zu haben.
Elwetritsche leben wohl wirklich nur in der Pfalz. Sie sollen einem großen Huhn ähneln – lang sind Gliedmaßen und Schnabel. Leben sie an Hängen, sollen gar ihre Beine die Schräge durch unterschiedliche Längen ausgleichen können. Doch die Fachleute, die Tritschologen, sind sich nicht immer einig.
Unklar ist die Herkunft. Haben sich Enten, Hühner und Gänse mit Waldelfen und Kobolden gepaart? Meint Elwetritsche den Tritt oder Fehltritt einer Elfe?

Elwetritsche sind scheu. Am liebsten verkriechen sie sich im Unterholz; in Bachtälern, im Wald, auch in einer Hecke bei Reben. Wenn sie am Abend in der Dämmerstunde erwachen, bleiben sie still in ihrem Versteck und schlüpfen daraus erst hervor, wenn es stockfinster ist.
Wem es aber einmal gelingt, eine Elwetritsche zu fangen, der soll für sein ganzes Leben ausgesorgt haben. „Noch ein Schluck vom Schoppenglase, dann hinaus ins dunkle Feld, Elwentritschen einzufangen: größter Spaß der Pfälzer Welt!“ bedichtete ein Pfälzer dieses Unterfangen.

Willst du es also wagen, eine Elwetritsche zu fangen?

Der beste Zeitpunkt dafür ist der Herbst – etwa Ende September bis Anfang November.
Für die Jagd benötigst du einen langen Stab, dazu eine Öllampe oder Stalllaterne – notfalls tut’s auch eine Taschenlampe. Des Weiteren darf ein „Grummbeersack“, also ein Kartoffelsack, in den ein Zentner Kartoffeln passt, nicht fehlen. Und sehr wichtig sind einige Flaschen Wein. Obendrein müssen zwei oder mehr Freunde dich begleiten. Und wenn du vermeiden willst, dass die gefangene Elwetritsche im Sack zappelt und tobt, so nimm gleich das silberne Halsband mit.
Die Ausrüstung liegt bereit, die Freunde sind da. Bevor ihr euch in Bewegung setzt, trinkt von dem Wein. Für jeden sollten ein bis zwei Schoppen genügen. Das Trinken ist enorm wichtig, will einer überhaupt eine Elwetrische erspähen.
In heiterer Stimmung zieht ihr los, es dämmert schon. Ihr dürft nun aber kein Geräusch machen, verständigt euch am besten nur mit Handzeichen. Habt ihr einen Ort mit viel Unterholz entdeckt, so haltet inne. Du als Elwetritsche-Jäger entzündest nun leise die Öllampe. Halte sie in der einen Hand und umfasse mit der anderen den Stab. Damit sind beide Hände belegt, also hält ein Freund den Sack bereit. Der andere Freund betätigt sich als Mundschenk für alle. Schweigt still bei all diesen Vorbereitungen, macht kein Geräusch. Ist euch das gelungen, so kannst du beginnen, eine Elwetritsche aufzuscheuchen. Stocher dafür mit dem Stab im Unterholz. Kommt tatsächlich eine Elwetritsche angelaufen? Blende sie flugs mit der Öllampe. Sie wird dann wie blind in den Sack laufen, den dein Freund hält. Der muss dabei verdammt gut aufpassen. Er muss den Moment abpassen, in welchem der ganze Körper im Sack ist. Blitzschnell muss er diesen genau dann zubinden.
Ist die Elwetritsche im Sack gefangen, brauchen alle unbedingt einen Schluck Wein. Nach diesem Schluck ist die Flasche leer.
Die Elwetritsche in dem Sack stößt derweil wild um sich. Leg ihr am besten ein silbernes Halsband um. Öffne dafür den Sack einen winzigen Spalt. Die Elwetritsche ist neugierig, streckt den Kopf heraus – leg nun schnell das Halsband um den Hals und sofort wird sie zahm.
Das Viech ist gezähmt, der Wein-Durst gelöscht. Wirf dir den Sack über die Schulter und marschiere heim. Das scheint einfach. Aber wehe, du sprichst dabei auch nur ein einziges Wort. Deine Freunde müssen ebenfalls schweigen. Begegnet ihr Bekannten, müsst ihr ohne Gruß stur weitergehen. Die Elwetritsche darf unter keinen Umständen eure Stimmen hören.
Daheim gilt es, die Elwetritsche gut zu pflegen. Jeden Tag braucht sie ein Schoppenglas mit Schorle. Dabei muss die Mischung von Wein und Sprudel exakt das Verhältnis drei (Wein) zu zwei (Wasser) betragen. Stell dem Viech das Glas stumm hin, damit sie deine Stimme nicht hört, und verschwinde auf der Stelle. Beim Trinken muss die Elwetritsche unbedingt allein sein.
In der nächsten Vollmond-Nacht steckst du die Elwetritsche wieder in den Sack. Erinnerst du dich noch an den Ort, an welchem du sie gefangen hast? Lass sie an exakt dieser Stelle um Mitternacht frei. Und vergiss dabei das Schweigen nicht!
Nun geschieht ein Wunder: Die Elwetritsche führt dich zu einem großen Stein, den du zuvor gar nicht wahrgenommen hast. Unter diesem Stein ist ein Schatz verborgen. Nimm der Elwetritsche das Halsband ab. Sie läuft dann davon und zugleich rollt der Stein lautlos, wie von Geisterhand bewegt, fort. Und da liegt dann der Schatz.
Sollte aber die Elwetritsche ein einziges Mal deine Stimme gehört haben, so führt sie dich durchaus ebenfalls zu diesem Stein. Doch wenn er davon rollt und der Schatz sich zeigen soll, so findet sich dort nur ein unendlich tiefes Loch.
(frei erzählt nach: Patricia Keßler / M. Kohler – Das gibt es nur in der Kurpfalz. 2013)