Foto: Die hohe Hühnereiche

Wir danken der Gemeinde Gerstetten für ihre freundliche Auskunft über die Hühnereiche

Die Hühnereiche bei Gerstetten bekam ihren Namen wohl gar nicht wegen der Hühner, sondern aus einem Missverständnis heraus. Ja, ja, die Sprache.
Eine Eiche wird steinalt, ihr Holz ist außerordentlich dauerhaft, sie ist eine der ganz Großen in der Mythologie und sie ist das Eldorado für zahllose Organismen wie Insekten und Pilze. Eichen können mit vielen Superlativen auftrumpfen. Aber sie sehen in erster Linie einfach beeindruckend aus – aus diesem Grund bremste ich mein Fahrrad, als ich die Hühnereiche sah. Ich war beruflich in Gerstetten gewesen und wollte mit dem Rad nun nach Geislingen an der Steige. Von dort würde der Zug mich und meine Fahrrad zurück nach Hause bringen.

Die Hühnereiche, die wohl aus einem Missverständnis heraus so heißt: Ihr Name faszinierte mich, ich forschte danach. Früher wurde im Hochdeutschen das Wort „heere“ für „hohe“ verwendet. Es stand da am Weg also eine heere Eiche. Womöglich ist die schwäbische Aussprache daran schuld, dass der Ratsschreiber „Hühnereiche“ verstand und diesen Namen notierte. Vielleicht hatte der Ratsschreiber dabei ein Märchen von Hans Christian Andersen im Kopf? Es heißt „Das ist wirklich wahr“. Und es ist wirklich wahr: Für dieses Märchen wäre die Hühnereiche bei Gerstetten ein wunderbarer Erzählort.

Weil Eichen die Menschen schon immer fasziniert haben, entwickelten sich im Laufe der Zeit regional unterschiedliche Bräuche rund diese Bäume. So wurde in Westfalen zur Wintersonnenwende – nach der Christianisierung zu Weihnachten – ein Eichenklotz verbrannt. Damit wollte man das Haus vor Feuer bewahren und dachte, das würde der Fruchtbarkeit der Felder dienen.
In Schleswig hängte man ein Stück Rinde einer vom Blitz getroffenen Eiche auf. Das sollte Bienenvölker daran hindern abzuwandern – denn Honig war in alter Zeit ein wichtiges Wirtschaftsgut.
Aus Mittelfranken ist ein ganz anderer Brauch überliefert: Dort schlug man drei Eichenpfähle in den Garten und glaubte – so weit der Schall zu hören war – so weit seien Hühner und Gänse vor dem Fuchs sicher. Wenn dieser letzte Brauch auch nur für Mittelfranken bekannt ist – vielleicht gab es ihn auch einmal in der Gegend von Gerstetten, auf der Schwäbischen Alp. Vielleicht geriet das in Vergessenheit, weil niemand es notierte. In dem Fall könnte der Name der Hühnereiche auch damit zu tun haben.

Eicheln als Hühnerfutter – Leckerli für das Federvieh

Einsame Eichel

Gedicht von Wilhelm Busch
Mancher gibt sich viele Müh’
Mit dem lieben Federvieh,
Einesteils der Eier wegen
Welche diese Vögel legen;
Zweitens, dass man dann und wann
Einen Braten essen kann. …
Eicheln sollen Hühnern ganz gut schmecken – ich habe es allerdings noch nicht selbst ausprobiert. Man soll dafür die Eicheln etwas zerdrücken, die Schale platzt auf – und die Hühner können alles schön herauspicken. Sind darin Maden, so ist das für die Hühner ein Festschmaus. Wer also Hühner hat, der sollte mal bei einem Herbstspaziergang Eicheln sammeln. Man könnte damit vielleicht gar Kinder ins Grüne locken.
Gesammelt werden natürlich nur die braunen Eicheln, nicht die grünen. Und zu viele Eicheln sollte man den Hühner nicht geben, weil da Gerbsäure drin ist. Und Gerbsäure überdosiert – das ist schädlich.

Informationen zur Hühnereiche:
Standort: freistehend, an einer Straße von Gerstetten nach Neuburghof
Als Naturdenkmal geschützt wegen ihrer naturgeschichtlichen Bedeutung
Vorgängerinnen gab es hier schon 1526, 1689 und 1748. 
Letztere wurde 1891 bei der Feldregulierung gefällt, 
noch im selben Jahr wurde die heutige „Hühnereiche“ gesetzt.
Quelle für die Bräuche rund um die Eiche: 
http://www.uni-goettingen.de/de/mythologie+und+brauchtum/16703.html; abgerufen am 3.3.2019
Eisenbahnmuseum Gerstetten (März-Okt. So/Fei 10-17 Uhr geöffnet)
Radweg: Gerstetten – Geislingen an der Steige (16 km) – 
dieser Weg führt gleich hinter Gerstetten an der Hühnereiche vorbei.
Wanderweg zur Hühnereiche (2,1 km) / 

Start: Gerstetten Bahnhof
Vom Bahnhof nach rechts wenden in die Karlstraße 
(mit Orientierungstafel des Schwäbischen Albvereins). 
Dem gelben Dreieck („Albvereinsweg“) Richtung Schalkstetten folgen. 
Der Weg führt vorbei an Gerstettens neu gestalteten Marktplatz 
mit dem Alten Rathaus – aber zum Einkehren ist es noch zu früh. 
Danach, die Nikolauskirche (erstmals 1225 erwähnt; 
war die Eigenkirche der Ortsherren) rechts liegen lassen, 
auf dem bezeichneten Wanderweg das Dorf verlassen. 
Das geteerte Sträßchen ("Alter Postweg") führt schnell 
zur Hühnereiche. Sie steht vor dem Wald, 
auf der linken Straßenseite.